Der Nationalrat höhlt den Lärmschutz aus
Viele Bauprojekte sind in den Städten blockiert, weil Einsprachen wegen zu viel Lärm hängig sind. Damit wird die Innenverdichtung verlangsamt und die Wohnungsknappheit akzentuiert. Im Rahmen der Beratungen zum revidierten USG soll dieser Zielkonflikt aufgelöst werden. Doch der Vorschlag des Nationalrates höhlt nun aber den Lärmschutz völlig aus und ignoriert Massnahmen an der Quelle.
Folgende Punkte standen im Zentrum:
- Wohnraumlüftung: Für eine Baubewilligung müssen gemäss Nationalratsbeschluss die Lärmgrenzwerte nur bei einem Fenster in einem Zimmer eingehalten werden. Bei den übrigen Räumen reicht eine «kontrollierte Wohnraumlüftung» - eine undefinierte, vage Vorgabe, die der Lärmbelästigung Tür und Tor öffnet und zu städtebaulich fragwürdigen Lösungen führt. Der Ständerat wollte gar noch weiter gehen und die «kontrollierte Wohnraumlüftung» in allen Räumen als ausreichende Vorgabe in das Gesetz schreiben.
- Privat nutzbare Aussenräume: Als weitere Massnahme anstelle der «kontrollierten Wohnraumlüftung» sieht der Nationalrat einen privat nutzbaren Aussenraum (z.B. Balkone oder Terrassen), wo die Lärmgrenzwerte eingehalten werden müssen, vor. Für den Ständerat war dies eine Option neben der kontrollierten Lüftung.
Die Haltung des Städteverbandes: die Lüftungsfensterpraxis. Demnach müssen die Grenzwerte eingehalten werden, wenn ein Fenster in jedem Raum geöffnet ist. Diese Lärmoptimierung wäre von Kompensationsmassnahmen begleitet. Von diesem Minderheitsantrag wollten weder Stände- noch Nationalrat etwas wissen.
Kommt hinzu, dass die Räte die effektivste Massnahme zur Lärmreduktion an der Quelle bachabschicken: die Reduktion der Geschwindigkeitslimiten im Strassenverkehr, dem mit Abstand grössten Verursacher von Lärm.
Lärm schadet Gesundheit und Wirtschaft
Mit seinem Vorschlag nimmt der Nationalrat gesundheitliche und wirtschaftliche Kosten in Kauf. Denn Lärm beeinträchtigt nicht nur die Lebensqualität von mehr als einer Million Menschen in der Schweiz, sondert führt auch zu einem enormen volkswirtschaftlichen Schaden. Gemäss Bundesamt für Umwelt sorgt insgesamt 2,8 Milliarden Franken an externen Kosten. Für 80 Prozent davon ist der Strassenverkehr zuständig. Der Städteverband wird sich weiterhin für eine lärmverträgliche Lösung starkmachen.
Altlasten: Sanierung soll beschleunigt werden
In der Schweiz sind alle rund 38 000 Ablagerungs-, Betriebs- oder Unfallstandorte, die mit potenziell umweltgefährdenden Stoffen und Abfällen belastet sind, in Katastern erfasst. Davon dürften ca. 4'000 sanierungsbedürftig (Altlasten) sein und über 1700 als Altlasten klassierte Areale wurden bislang saniert. Das Ziel, alle notwendigen Untersuchungen bis 2028 und Sanierungen bis 2040 durchzuführen, wird voraussichtlich nicht erreicht. Mit der USG-Reform soll die Bearbeitung von Altlasten beschleunigt und die finanzielle Unterstützung verbindlicher geregelt werden. Der Städteverband unterstützt dies. Von den städtischen Anliegen hervorzuheben sind die Pflicht zur Sanierung der belasteten Standorte bei öffentlichen Spielplätzen und Grünflachen sowie die Erweiterung der Abgeltungen des Bundes für Altlasten-Standorte, welche durch PFAS-haltigen Löschschaum belastet oder durch eine Kehrrichtverwertungsanlage verunreinigt wurden.