«Für mich ist unbestritten, dass wir handeln müssen.»
Klimaschutz ist ein globales Problem. Was kann eine Stadt lokal dazu beitragen?
Klimaschutz ist eine globale Aufgabe. Damit er gelingt, müssen alle ihren Beitrag leisten. Dabei kommt den Städten eine spezielle Rolle zu, da sie aufgrund der hohen Bevölkerungsdichte einen Grossteil der CO2-Emissionen verursachen. Andererseits sind sie auch anfälliger für die Folgen der Klimakrise. Städte müssen deshalb gezielt Massnahmen ergreifen, um ihre Emissionen zu reduzieren und sich den Klimaveränderungen anzupassen. Sie nehmen dabei eine Vorreiterrolle ein, sind Veränderungen gegenüber offener und können so den Tatbeweis erbringen, dass Klimaschutz technisch, wirtschaftlich und sozial funktioniert. Auch die Stadt Luzern sieht sich in dieser Tradition: Sie verfolgt seit 20 Jahren eine erfolgreiche Klima- und Energiepolitik.
Bis 2040 will Luzern die energiebedingten Treibhausgas-Emissionen auf Stadtgebiet auf Null senken. Ist das eine grosse Herausforderung?
Ja, das ist eine grosse Herausforderung. Aber wir haben einen Plan, wie wir das schaffen wollen. Ende 2022 hat die Stimmbevölkerung der Stadt Luzern die ambitionierte Klima- und Energiestrategie klar gutgeheissen. Sie sieht 32 konkrete Massnahmen vor, die bis 2030 umgesetzt werden sollen. Ziel dieser Massnahmen ist es, die Produktion von Solarstrom massiv zu steigern, den Verbrauch von Öl und Gas für Heizen und Warmwasser zu senken und thermische Netze auszubauen. Auch soll der Autoverkehr reduziert und elektrifiziert werden. Über die letzten Jahre konnten wir bei sämtlichen Zielen deutliche Fortschritte verzeichnen. Um unsere Ziele zu erreichen, braucht es allerdings noch eine markante Beschleunigung.
Welche Massnahmen sind hierzu konkret geplant? Und was ist bereits umgesetzt?
Die 32 Massnahmen umfassen gesetzliche Vorschriften, finanzielle Unterstützung und Beratung. Bereits heute werden mit der Revision der Bau- und Zonenordnung fossil betriebene Heizungen in Teilen des Stadtgebietes verboten und eine energetische Nutzung von Dächern mittels Photovoltaik-Anlagen vorgeschrieben. Auch werden bereits heute Teile des Stadtgebietes mit See-Energie und Fernwärme versorgt. Mit dem Ausbau dieser thermischen Netze soll dereinst ein Viertel aller Treibhausgase reduziert werden. Betreffend Verkehr haben Massnahmen wie die angestrebte Halbierung von Parkplätzen auf öffentlichem Grund zum Ziel, dass das Verkehrsaufkommen abnimmt. Mit dem Ausbau öffentlicher Ladestationen soll zudem ein Anreiz für die Beschaffung von Elektrofahrzeugen gesetzt werden.
Sie vertreten als FDP-Politiker eine liberale Politik. Wird ihre Parteizugehörigkeit einen Einfluss auf die Ausgestaltung der Massnahmen haben? Wenn ja, inwiefern?
Für mich ist unbestritten, dass wir als Gesellschaft handeln müssen. Grundsätzlich muss jede und jeder mit dem eigenen Verhalten einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz und damit zu einer nachhaltigen Lebensgrundlage für künftige Generationen leisten. Doch es reicht nicht aus, dabei nur auf die Eigenverantwortung zu setzen. Es braucht staatliche Massnahmen, aber auch neue Technologien. Persönlich sind für mich die Anwendung des Verursacherprinzips, Fördermassnahmen sowie Lenkungs- und Anreizsysteme Schlüssel für einen effektiven Klimaschutz. Verbote und Restriktionen sollen dagegen nur als letztes Mittel ergriffen werden.
Anders als Massnahmen der Klimaadaption sind jene zum Klimaschutz nicht wirklich sichtbar. Wie machen Sie darauf aufmerksam?
Mit der Zustimmung zur Klima- und Energiestrategie wurden beim Umweltschutz auch personelle Ressourcen für den Bereich Öffentlichkeitsarbeit gesprochen. Dazu gehört insbesondere die Kommunikation zu den 32 Massnahmen, zu den Förderprogrammen, zur Zielerreichung sowie unsere Sensibilisierungskampagne «Wir leben Klimaschutz». Mit dieser Kampagne wird der Bevölkerung praxisorientiert aufgezeigt, wie sie persönlich einen Beitrag zum Klimaschutz leisten kann. Klimaschutz soll als Chance gesehen werden, unsere Gesellschaft nachhaltig zu entwickeln.
Marco Baumann (FDP, 33) ist seit 2024 Mitglied der Luzerner Stadtregierung und leitet die Umwelt- und Mobilitätsdirektion. Zuvor sass er während sechs Jahren im Stadtparlament (Grosser Stadtrat). Er studierte Betriebsökonomie an der Hochschule Luzern und arbeitete zuletzt bei der Zentralschweizer Energieversorgerin CKW.