Föderalismus funktioniert nur, wenn die Städte mitwirken können
Benjamin Fröhlich ist Leiter Kommunikation beim Schweizerischen Städteverband.
Die Schweiz rühmt sich gerne ihrer direkten Demokratie und dem starken Einbezug der Stimmberechtigten in die Politik. Als Grundlage hierfür gilt unter anderem der Umstand, dass die kommunale Ebene mit ihrer Nähe zur Bevölkerung über weitgehende Kompetenzen verfügt. Wer vor der eigenen Haustüre sieht, was politische Einflussnahme bewirkt, hat auch mehr Vertrauen in die anderen, ferneren Staatsebenen. Eine starke vertikale komplementäre Zusammenarbeit zwischen den Städten und Gemeinden sowie den Kantonen und dem Bund ist daher wichtig. Seit dem Jahr 2000 bildet der Artikel 50 in der Bundesverfassung die Grundlage dafür, dass der Bund Städte und Gemeinden bei seinem Handeln berücksichtigt und als Ansprechpartnerinnen anerkennt.
Dank des Artikels 50 hat die Einbindung der Städte und Gemeinden in politischen Prozessen zugenommen. Sie ist seit 25 Jahren bei standardisierten Prozessen (Vernehmlassungen) oder der damals gegründeten Plattformen wie der Tripartiten Agglomerationskonferenz verbindlich und wird aktiv gepflegt.
Noch gibt es Optimierungsbedarf und zugleich ein Potenzial dafür, dass den Anliegen der Städte und Gemeinden bei der Rechtsetzung und Umsetzung besser Rechnung getragen wird. Beispielsweise fand kein Einbezug bei der Krisenbewältigung der Covid-19-Pandemie des Bundes statt, obwohl die kommunale Ebene die Massnahmen vor Ort umsetzen musste. Städte und Gemeinden gehen oft auch bei alltäglicheren politischen Prozessen vergessen, und die Städte und Agglomerationen werden trotz besonderer Betroffenheit aussen vor gelassen. Es passiert regelmässig, dass die dritte Staatsebene erst auf Nachfrage einbezogen wird. Teilweise verwehrt der Bund dies sogar und vertröstet die Kommunalverbände auf die Vernehmlassung; was manchmal bedeutet, dass die dritte Staatsebene dann nicht mehr Sichtbarkeit erhält als ein Interessenverband.
Das 25-Jahre-Jubiläum des Artikels 50 nutzen die beiden Kommunalverbände, der Schweizerische Städteverband (SSV) und der Schweizerische Gemeindeverband (SGV), um für die dritte Staatsebene zu sensibilisieren. Dabei geht es nicht einzig darum, daran zu erinnern, die kommunale Ebene in Bundesbern nicht zu vergessen: Gemeinden und Städte sind für die Erreichung der nationalen und kantonalen Ziele massgeblich. Nur wenn auch sie mitwirken können bei der politischen Lösung, wenn sie diese mitgestalten, gelingt die bestmögliche Umsetzung. Voraussetzung für einen funktionierenden Föderalismus ist daher die enge Zusammenarbeit der drei Staatsebenen, sowie deren Verständnis für die Kompetenzen der je anderen Ebenen – eben auch für die der Städte.