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«Viele Menschen finden hier keine Wohnung.»

30. Oktober 2025 – Jean-François Clément (SP) ist Stadtpräsident von Renens, Hauptort des Bezirks Lausanne-West. Eine dynamische Stadt, die die Lebensqualität und das Zusammenleben fördert und sich aktiv für den ökologischen und sozialen Wandel einsetzt.

Wie entwickelt sich aktuell die Wohnsituation in der Stadt Renens, insbesondere für die von Armut bedrohten Haushalte?

Die Situation ist kritisch. Am 1. Juni 2024 gab es in Renens 44 freie Mietwohnungen, was einer Gesamtquote von 0,40% entspricht. Leer stehen Wohnungen mit hohen Mieten, die auch die Mieten in der Umgebung stark beeinflussen. Die Zahl der erfassten Ausweisungen ist gestiegen: 39 Anordnungen zur Räumung und 19 Zwangsräumungen im Jahr 2024.

 

Wie wirkt sich der Gentrifizierungsprozess auf die Wohnsituation und die Armut in Renens aus? Gibt es Verdrängungseffekte, und wenn ja, welche Personen werden verdrängt?

Viele Menschen finden hier keine Wohnung, weil es zu wenig leerstehende Wohnungen gibt und vor allem weil die Mieten nicht mit ihrem Einkommen vereinbar sind. Daher kommt es zu einer Verdrängung von Menschen mit niedrigem Einkommen und somit letztlich zu einer Gentrifizierung.

 

Ist in der Stadt Renens auch zu beobachten, dass die Zahl der Kündigungen von Mietverträgen für ganze Gebäude oder ganze Siedlungen steigt, wodurch erschwinglicher Wohnraum verloren geht? Kann die Stadt etwas tun, um diese Wohnungen zu erhalten?

In dem Bestreben, bestehende Häuser abzureissen und dann neu zu bauen, kündigen manche Eigentümer tatsächlich alle Mietverträge vorzeitig. Angesichts dieser Entwicklung gibt es verschiedene Handlungsmöglichkeiten: Man kann versuchen, mit den Eigentümern zu verhandeln, um den Bestand zu erhalten, Quoten für gemeinnützige Wohnungen festlegen oder die Mieterhöhungen bei Modernisierungen kontrollieren. Ausserdem sollte versucht werden, den Mietwohnungsbestand durch den Erwerb von Gebäuden zu erhalten. Gebäude im Rahmen des Vorkaufsrechts zu erwerben, ist derzeit im Kanton Waadt möglich. Die Stadt schliesst jedoch aus, dass sie sich beim Erwerb von Gebäuden am Überbietungswettbewerb beteiligt. Ein Erwerb von Gebäuden mittels des Vorkaufsrechts verpflichtet zur Schaffung von gemeinnützigen Wohnungen. Beim Bau dieser Wohnungen arbeitet die Stadt eng mit der Société Coopérative d’Habitation (SCHR) und der Société Renens-Pierrettes SA zusammen. Diese Partner bieten eine Vielzahl von Wohnungen zu erschwinglichen Preisen auf Grundstücken an, die von der Stadt zur Verfügung gestellt werden.

 

Verfügt die Stadt Renens über eine wohnpolitische Strategie und wenn ja, welche Schwerpunkte werden darin gesetzt?

Das wichtigste Instrument ist die kommunale Nutzungsplanung. Sie schafft Anreize für den Bau gemeinnütziger Wohnungen. In einigen Zonen ist die Hälfte der Geschossfläche für solche Wohnungen vorgesehen. Dies gilt sowohl für Neubauten als auch für Erweiterungen und Nutzungsänderungen bei Bestandsgebäuden. Darüber hinaus verfügt die Stadt auch über eine Reihe von subventionierten Wohnungen.

 

Gibt es in Ihrer Stadt konkrete Projekte oder Programme, um Wohnraum für die armutsgefährdeten Haushalte zu sichern?

Die Stadt hat eine individuelle Wohnbeihilfe eingeführt und arbeitet aktiv mit allen Partnern zusammen, um etwas gegen die Nichtinanspruchnahme von Sozialleistungen zu unternehmen. Ausserdem war die Stadt innovativ und hat verschiedene Übergangswohnungen geschaffen, um Menschen in prekären Lebenslagen eine dauerhafte Bleibe zu bieten und ihnen die Möglichkeit zu geben, wieder auf die Beine zu kommen.

 

Wie kann die Stadt Renens dazu beitragen, dass ihre Bevölkerung Zugang zu erschwinglichem Wohnraum hat? Ist das Thema Armut auch Teil der wohnungspolitischen Strategie?

Die Stadt Renens versucht, Prekarität zu verhindern, und macht deutlich:

  • dass es das Recht auf Zugang zu Wohnraum gibt, der den eigenen Bedürfnissen und Möglichkeiten entspricht;
  • dass sie eine Bevölkerung beherbergt, die einen wesentlichen Beitrag zur Wirtschaft und zur Lebensqualität leistet, und die Leistung einiger dieser Personen kaum anerkannt und schlecht vergütet wird;
  • dass der Immobilienmarkt ethisch und verantwortungsbewusst sein müsste, was auch bedeutet, dass er nicht einigen wenigen Eigentümern auf Kosten vieler Mieter übermässige Einnahmen verschaffen sollte.

Wie kann die Stadt verhindern, dass Menschen ihre Wohnung verlieren, wenn sie ihre Miete nicht mehr bezahlen können?

Die Stadt versucht, gefährdete Personen zu identifizieren, sie zu informieren und den Verlust der Wohnung zu verhindern. Dies geschieht in Partnerschaft mit den sozialen Akteuren. Daneben kann die Stadt auch punktuell finanziell einspringen. Sie unterstützt auch verschiedene Vereine, die in diesem Bereich tätig sind.

 

Wie wirken sich die Entwicklungen, die Sie für die Stadt Renens beschreiben, insgesamt auf die Gesellschaft aus?

Einige Grundeigentümer ziehen es vor, rentable Wohnungen zu vermieten statt Flächen für gewerbliche Aktivitäten. Wenn die Behörden nicht eingreifen, könnten wir eine weitere Gentrifizierung der Stadt und die Entstehung einer Schlafstadt erleben. Kleine und mittlere Unternehmen sowie Handwerksbetriebe könnten an den Stadtrand gedrängt werden. Die Aufrechterhaltung einer Mischung aus «Bewohnenden und Arbeitsplätzen» ist gleichermassen wünschenswert und notwendig: sowohl für die Lebensqualität als auch für die Erhaltung von Arbeitsplätzen, Know-how und Ausbildungsmöglichkeiten. Und schliesslich sei noch auf zwei interessante Initiativen in Renens hingewiesen: die Individuelle Wohnbeihilfe für Familien und die Analyse des Angebots von Übergangswohnungen.

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