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Unverschuldeter Sozialhilfebezug wird weiterhin übermässig bestraft

19. Dezember 2025 – Der Nationalrat hat beschlossen, nicht auf den Umsetzungsvorschlag zur parlamentarischen Initiative «Armut ist kein Verbrechen» einzutreten. Damit werden Ausländerinnen und Ausländer, die schon lange in der Schweiz sind, weiterhin unverhältnismässig hart bestraft für unverschuldeten Sozialhilfebezug. Die Städte bedauern das ausserordentlich. Sie tragen die Folgekosten, wenn Personen auf Sozialhilfe verzichten, obwohl sie in prekären Verhältnissen leben.

Die parlamentarische Initiative 25.451 «Armut ist kein Verbrechen» hatte gefordert, dass bei ausländischen Staatsangehörigen, die sich seit mehr als zehn Jahren ordnungsgemäss in der Schweiz aufhalten, der Widerruf einer Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung wegen einer unverschuldeten Abhängigkeit von Sozialhilfe nicht mehr möglich sein soll. Zur Umsetzung der Initiative schlug die staatspolitische Kommission des Nationalrats vor, im Ausländer- und Integrationsgesetz AIG die Rechtsprechung des Bundesgerichts zu kodifizieren, wonach im Hinblick auf einen möglichen Widerruf in jedem Fall die Ursachen und das Ausmass des Verschuldens an einer Sozialhilfeabhängigkeit geprüft werden müssen. Nach der Vernehmlassung hat die Kommission ihren ursprünglichen Beschluss widerrufen, weil sich etwas mehr als die Hälfte der Kantone dagegen ausgesprochen hat. Sie hat dem Nationalrat beantragt, die parlamentarische Initiative abzuschreiben. Dieser ist in der letzten Sessionswoche seiner Kommission gefolgt, das Geschäft ist damit erledigt. 

Der Städteverband bedauert diesen Entscheid ausserordentlich. Er richtet sich gegen die Interessen der Städte. Sie haben sich entsprechend in Debatte und Vernehmlassung eingebracht. Denn die aktuell unverhältnismässig harte Bestrafung von unverschuldetem Sozialhilfebezug ist problematisch. Einerseits führen die geltenden Bestimmungen zu unmenschlichen Härtefällen: bestraft werden Menschen, die viele Jahre in der Schweiz gearbeitet und Steuern bezahlt haben. Andererseits und ebenso problematisch ist der Effekt, dass heute viele Ausländerinnen und Ausländer ihren Anspruch auf Sozialhilfe gar nicht erst geltend machen, weil sie den Widerruf der Bewilligung fürchten. Dies erschwert die Integration, verhindert eine angemessene Gesundheitsversorgung und erhöht das Risiko, dass sie die Armut an ihre Kinder vererben. Mangelnde Integration, Armut und insbesondere Familienarmut verursachen den Städten hohe finanzielle und gesellschaftliche Folgekosten. 
 

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