Städte befürworten eine aktive Politik der frühen Kindheit auf Bundesebene
Eine gute Politik der frühen Kindheit dient dem Wohl der Kinder und der Eltern, erhöht die Chancengerechtigkeit, fördert die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und nützt damit der Gesellschaft als Ganzes. Sie umfasst nicht nur familienergänzende Betreuung, sondern eine breite Palette von Angeboten: Gesundheitsversorgung, Elternberatung und -bildung, Hausbesuchsprogramme oder auch die frühe Sprachförderung. Die Städte sind Vorreiter im Bereich der frühen Kindheit. Sie gewährleisten bedarfsgerechte und aufeinander abgestimmte Angebote von der Geburt bis zur Schulzeit.
Der Bundesrat nimmt in seinem heute veröffentlichten Bericht zur Politik der frühen Kindheit eine gute Auslegeordnung vor. Der Bericht zeigt auch Entwicklungsmöglichkeiten auf Bundesebene auf, ist in diesem Bereich aber wenig mutig und beschränkt sich auf kleinere Anpassungen innerhalb der bestehenden gesetzlichen Grundlagen. Zu begrüssen ist, dass sich der Bund für mehr Koordination zwischen den Staatsebenen ausspricht und die Verbesserung der statistischen Grundlagen vorsieht.
Verfassungsartikel zur Politik der frühen Kindheit ist notwendig
Vermehrte Koordination und eine verbesserte Datengrundlage sind zwei Forderungen, die der Schweizer Städteverband auch in seinem Positionspapier aufgestellt hat. Dieses benennt Handlungsfelder, zeigt den Nutzen einer Politik der frühen Kindheit auf und stellt weitere Forderungen aus Sicht der Städte auf. Denn eine zielgerichtete Politik braucht mehr, als der Bundesrat im Bericht benennt. Aus Sicht des Städteverbandes braucht es klare Zuständigkeiten auf allen Staatsebenen. Dazu ist ein Verfassungsartikel notwendig, der die gemeinsame Verantwortung von Bund, Kantonen, Städten und Gemeinden für die frühe Kindheit formuliert. Ausserdem sollen alle Staatsebenen ihren finanziellen Beitrag leisten, und die Städte müssen direkten Zugang zu den finanziellen Mitteln des Bundes erhalten.
Hohe Kitakosten: Alle Staatsebenen sind gefragt
Es gibt aber auch Themen und Handlungsfelder, die angegangen werden können und müssen, bevor ein Verfassungsartikel besteht, namentlich bei der Finanzierung der familienergänzenden Kinderbetreuung. Der von den Eltern zu leistende Anteil an den Kitakosten ist deutlich zu hoch. Familien mit tiefen Einkommen können sich die Kinderbetreuung nicht leisten, für mittelständische Familien lohnt es sich finanziell oft nicht, dass beide Elternteile arbeiten. Das verursacht hohe gesellschaftliche Folgekosten.
Um Lösungen zu finden, sind alle Staatsebenen gefordert, um gemeinsam nach Lösungen zu suchen, gegebenenfalls auch unter Einbezug der Arbeitgeber. Der Bund wird sich dieser Problematik im Rahmen der nationalen Strategie zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf annehmen müssen, die in der aktuellen Legislatur verabschiedet werden soll. Die Städte sind gerne bereit, ihre Erfahrung einzubringen. Sie sind aber darauf angewiesen, dass der Bund und die Kantone mitziehen und die Städte in die Diskussion einbeziehen.
Parlament hat Gestaltungsfreiraum
Nun wird sich als nächstes die WBK-N mit der Politik der frühen Kindheit auseinandersetzen. Einige Vorstösse liegen auf dem Tisch, und mit dem Bundesratsbericht liegt nun eine sehr gute Auslegeordnung vor. Der Städteverband appelliert an die Parlamentarierinnen und Parlamentarier, den Ball aufzunehmen und auf Bundesebene die Weichen für eine ziel- und bedarfsgerechte Politik der frühen Kindheit zu stellen. Er hofft, dass das Parlament weniger zurückhaltend als der Bundesrat ist und die Chance packt, in der Politik der frühen Kindheit vorwärts zu machen.