Wärmenetze: Herausforderungen der Dekarbonisierung
Xavier Company, Mitglied der Stadtregierung und Direktor der industriellen Werke Lausanne
Die Stadt Lausanne hat den Vorteil, dass ihre industriellen Werke (Services industriels Lausanne SiL) in die Verwaltung integriert sind und daher sowohl bei der Entwicklung von Infrastrukturen und kommerziellen Dienstleistungen als auch bei der Energiepolitik und -planung eine Rolle spielen. Darüber hinaus ist Lausanne Vorreiterin in Bezug auf FW. Das Fernwärmenetz stammt aus dem Jahr 1934 und deckt mit seinen 116 km Länge derzeit 28% des Wärmebedarfs der Stadt. Die ambitionierten Ziele des Klimaplans sollen bis 2050 75% des Wärmebedarfs decken, ab 2035 mit 100%-ig erneuerbarer Energie sowie mit Abwärme (derzeit 63%). Dies setzt Investitionen von über 1 Mrd. CHF voraus und stellt enorme Herausforderungen an die Koordination und das Baustellenmanagement.
Die technischen Herausforderungen sind ebenfalls beträchtlich. Aufgrund seines Alters funktioniert unser Fernwärmenetz bei hoher Temperatur (130° et 175°) und muss auf 90° gesenkt werden, damit es in die Produktion erneuerbarer Energien integriert werden kann (Wärmenutzung aus Abwasser oder Seewasser, Geothermie, Holz). Darüber hinaus führt die Vervielfachung der FW-Verfahren zu Schwierigkeiten bei der Einstellung von Personal und der Erhaltung von Kernkompetenzen in unseren Teams.
Parallel zum Ausbau des Fernwärmenetzes wird das Gasnetz redimensioniert. Bis 2028 erfolgt seine vollständige Stilllegung in einem ersten Quartier. Dabei werden die Hauseigentümer und -eigentümerinnen dahingehend begleitet, dass sie sich entweder für einen Anschluss an das FW-Netz entscheiden oder aber für eine individuelle erneuerbare Lösung (insbesondere eine Wärmepumpe). Dieser Prozess soll in der Stadt wo immer möglich durchgeführt werden. Derzeit verfügen jedoch gewisse Quartiere über keine andere Wahl, als sich weiterhin mit Gas zu beheizen, insbesondere weil die zu engen Gassen keine Erschliessung durch andere Energiequellen zulassen oder weil etwa ein Bedarf an Prozesswärme für die Industrie besteht. In diesen Quartieren, sowie als ergänzende Energiequelle zur Fernwärme im Winter, bleibt das Gasnetz bestehen, muss aber bis ins Jahr 2050 auf 100% erneuerbares Gas umsatteln (Biogas oder Synthesegas).
Um diese Entwicklungen transparent zu machen, hat die Stadt einen Wärmekataster (cadastre thermique) online gestellt, der für jedes Gebäude festlegt, welcher Energieträger bevorzugt wird und wann die FW zum Einsatz kommt. Die Herausforderungen der Dekarbonisierung sind in der Tat groß. In Städten hingegen, die über industrielle Werke verfügen, sind für die Meisterung dieser Herausforderungen die richtigen Hebel vorhanden.
Xavier Company, Mitglied der Stadtregierung und Direktor der industriellen Werke Lausanne