Fünf Ansätze für einen klimaneutralen Verkehr

Adrian Borgula, Stadtrat Luzern, Präsident Städtekonferenz Mobilität
Bund, Kantone und Gemeinden sind enorm gefordert, Wege zu finden, um den Ausstoss von Treibhausgasen möglichst schnell auf null zu bringen. Der Beitrag der Mobilität zu diesem gewaltigen Unterfangen wurde in den letzten Jahren oft zu wenig gewichtet, und teilweise ist das auch heute noch der Fall. Mit der Studie «Städtische Handlungsfelder für eine klimaneutrale Mobilität» hält die Städtekonferenz Mobilität hier dagegen. Sie hat dafür die Ausgangslage aufgearbeitet und zeigt Möglichkeiten auf, wie sich dem begegnen lässt.
Die Studie enthält nicht weniger als elf verschiedene Stossrichtungen und 47 Handlungsfelder, die dazu beitragen können, den Verkehr von jeglichem Kohlendioxid-Ausstoss zu befreien. Im Grundsatz lassen sich fünf Ansätze unterscheiden, die idealerweise intelligent zusammenwirken: erstens das Vermeiden von Verkehr und Verkürzen der Strecken; zweitens das Verlagern auf emissionsarme, siedlungsverträgliche Verkehrsträger; drittens das Verbessern der Antriebe; viertens das kluge Vernetzen der Mobilitätsangebote. und fünftens die Vorbildfunktion der öffentlichen Hand gegenüber Bevölkerung und Wirtschaft - eine Funktion, die etwa mit der Beschaffung von elektrisch angetrieben Kehrichtwagen an Fahrt aufnimmt.
Hilfe durch Siedlungsentwicklung nach innen
Was es heisst, Verkehr zu vermeiden, haben alle, die im Homeoffice arbeiten können, in der Corona-Krise drastisch erfahren. Und auch jene, die für ihre Ferien gerne weit über die Landesgrenzen reisen, waren angehalten, ihren Radius zu reduzieren. Wenn wir daraus die praktische Erfahrung mitnehmen, dass wir unser Leben auch mit weniger Pendeln und mehr Freizeit in der Nähe führen können, ist bereits etwas gewonnen. Beim Verlagern auf emissionsarme Verkehrsträger hilft uns die Siedlungsentwicklung nach innen. Schweizer Städte waren schon Städte der kurzen Wege, bevor dieser Begriff jüngst in Mode gekommen ist, und sie sind es nach wie vor. Indem nun auch die Agglomerationen baulich dichter und für die Nahversorgung attraktiver werden, steigt die Attraktivität des zu Fuss Gehens, des Velofahrens sowie von Bahn, Tram und Bus auch dort.
Weniger Raum ist gefragt
Umgekehrt bedingen grössere Dichten an Menschen und Bauten auch eine möglichst flächeneffiziente Abwicklung der Mobilität. Und hier haben wiederum die genannten emissionsarmen Fortbewegungsarten die Nase vorne. Abgesehen davon: Wir müssen nicht nur dafür sorgen, dass Verkehrsmittel unsere Luft nicht mehr verschmutzen, sondern auch dafür, dass unsere Mobilität weniger Raum in Anspruch nimmt. So wie gemäss dem Bundesamt für Statistik heute rund 40 Prozent des Kohledioxidausstosses in der Schweiz auf das Konto des Verkehrs gehen, so nehmen die Verkehrsflächen (Abstellflächen inklusive!) heute einen Drittel der Siedlungsfläche in Anspruch.
«Die Verkehrsfläche nimmt einen Drittel der Siedlungsfläche in Anspruch.»
Flächeneffiziente Verkehrssysteme erlauben es, die geeignete Verteilung des öffentlichen Raums zu überprüfen und in den verdichteten urbanen Gebieten Flächen zu verbessern und zu gewinnen für eine erhöhte Aufenthaltsqualität, mehr Biodiversität und verbesserte Klimaanpassung.
Auch die Verbesserung der Antriebe, will heissen: die Elektrifizierung des Strassenverkehrs ist ein Gebot der Stunde. Der Wan- Die «Mobilitätswende» hin zu einem Verkehr, der eine Belastung mehr ist für das Klima, ist ein anspruchsvolles Unterfangen. Dafür gibt es nicht einen einzigen Hebel, sondern mehrere Werkzeuge, die in geeignet einzusetzen und aufeinander abzustimmen sind. Ein wesentlicher Faktor beim Setzen von Prioritäten ist die Flächeneffizienz.
Zuerst Vermeidung und Verlagerung
Bei aller Komplexität – unter dem Strich macht die Studie zu den städtischen Handlungsfeldern für eine klimaneutrale Mobilität eine kompakte Aussage zu den richtigen Prioritäten in den Städten: «In Anbetracht der aktuell stattfindenden Innenverdichtung schwindet der Platz für Verkehrsmittel, in denen eine einzige mobile Person dutzende Quadratmeter Strasse braucht. Individuelle Elektroautos sind deshalb gerade für Städte ausser für den Gewerbe- und Güterverkehr oft nur eine Teillösung, der Zielkonflikt zur Flächeneffizienz ist oft gross. Deshalb sollten an erster Stelle die Vermeidung und Verlagerung und sekundär der Einsatz von erneuerbaren Antrieben erfolgen.»